Pflege trifft auf Politik oder Politik trifft auf Realität
Die Pflegeschule Daun bekam am 15.09.2021 Besuch von Frau Dorothea Hafner, Direktkandidatin Bundestag im Wahlkreis 2021 für die Partei „Die Grünen“ und Fraktionsvorsitzende „der Grünen“ im Kreistag Vulkaneifel.
Fünf Pflegefachschüler*innen aus dem 2. Ausbildungsjahr, ihre Klassenlehrerin, Frau Dr. Susanna Trapp, Herr Michael Förster, Einrichtungsleiter des Regina Protmann Hauses und Geschäftsführer der Gesellschaft der Katharinenschwestern mbH sowie Hermann-Josef Melchiors, Schulleiter traten in einer offenen Gesprächsrunde in Austausch mit Frau Hafner. Im Mittelpunkt stand die Suche nach Lösungsansätzen um die chronische Mangelsituation in der Pflege, die für alle Patienten und Bewohner sowie für die Beschäftigten sehr belastend ist, zu beenden.
Die Schüler*innen erzählten aus ihrer Praxis, dass die personelle Unterbesetzung im Pflegealltag einen massiven Zeitdruck auf die examinierten Pflegekräfte, aber auch auf alle Pflegehelfer*innen und auf sie selber ausübt. Sie schildern das Gefühl der Enttäuschung nach einem Dienst, obwohl man gesprintet ist und sein Bestes gegeben hat, man aber dennoch nicht den anvertrauten Menschen gerecht geworden ist. Muss die Pflege zuerst streiken, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern? Wir brauchen keinen Applaus, wir brauchen ausreichend Personal, so die einhellige Meinung.
Frau Häfner berichtet, dass die „Grünen“ eine 35-Stunden-Woche für Pflegende erreichen möchten. Dies würde, so Herr Förster, aber Stand heute 10% weniger Personal in den Einrichtungen bedeuten. Es werden aber mindestens 10 % mehr Personal benötigt. Wie geht das zusammen? Es bleibt, den Beruf attraktiver zu gestalten. Nur wenn mehr Menschen den Pflegeberuf wählen, kann aus der Utopie Wirklichkeit werden.
Klare Forderung der Schüler*innen für die umfangreiche Verantwortung, die jede Pflegefachkraft trägt und die körperliche und psychische Belastung im Berufsalltag sowie die flexiblen Arbeitszeiten, muss das Einstiegsgehalt das derzeit bei 3.000-3.300 € liegt in Richtung 4.000 € erhöht werden. Die Frage lautet nicht, wer soll das bezahlen, sondern die Gesellschaft muss den Maßstab setzen für das was uns unsere Versorgung und die Versorgung unserer Eltern und Großeltern in Krankheitsfall, bei Pflegebedürftigkeit oder bei Behinderung wert ist.
Hier wurde von Frau Hafner angeregt, dass zukünftig beim Bau von Altenheimen und Krankenhäusern möglichst auch Kindertagesstätten integriert werden sollten. Heute schon sollten Kinderbetreuungsangebote flächendeckend geschaffen werden, die die pädagogische Betreuung für Kinder, deren Eltern im Schichtdienst arbeiten, ermöglichen.
Pflegende müssten auch nach einer bestimmten Anzahl an Arbeitsjahren in der direkten Pflege nicht erst mit 67 in Rente gehen dürfen. Hier müsste ein Wechsel in die Betreuung bei vollem Lohnausgleich oder ein früherer Renteneintritt ohne Abschläge gesetzlich vorgesehen werden.
Grundsätzlich sollten 17-jährige Auszubildende in der Pflege die Erlaubnis erhalten, ohne Begleitung Auto fahren zu dürfen, um die Möglichkeit zu schaffen, dass Sie auch ihre fachpraktischen Ausbildungsstellen erreichen können.
Frau Häfner betonte, dass die gesundheitliche Versorgung und Pflege eine hoheitliche Aufgabe der Kommunen, Kreise, Länder und des Bundes werden müsse. Pflege darf nicht ein Investitionsprojekt mit dem Ziel der Gewinnmaximierung werden, sondern ist den Idealen der Menschenwürde, der Gesundheit und des Wohlbefindens der Bürger*innen verpflichtet.
Die Schüler*innen wünschen sich von den politisch Verantwortlichen, dass nicht Wahlversprechen, die vielleicht irgendwann oder nie umgesetzt werden können postuliert werden, sondern konkrete Maßnahmen angegangen werden, die das Beste jetzt Mögliche erreichen. Viele kleine Schritte, die zum Ziel führen, sind besser, als der große Wurf, der nie gelingt.
Für die offene Gesprächsführung bedanken sich alle Teilnehmenden. Das Treffen „Politik begegnet Realität“ sollte öfters stattfinden. Daher ein großes Kompliment an Frau Haffner für ihr Engagement.